Warum und wie lockt das Bilderbuch „Die blaue Bank“ von Albert Asensio vor die Tür?
Weil es ein Buch ist, das man mit hinaus in die Welt nehmen möchte, das man am liebsten draußen in der Natur durchblättert, die Blicke dabei immer wieder schweifen lässt, um mit der geweckten Aufmerksamkeit die Dinge und Menschen um sich herum zu betrachten.

Weil es ein Buch ist, dass zum Schauen, Lauschen und Spüren einlädt, zum Wahrnehmen, Verlieben, zur stillen Freude an der Vielfalt von ganz unterschiedlichen Begegnungen.

Ein etwas anderer Erzählweg, der einfach im Gehen, Verweilen und Begegnen entsteht.          

Denn um solche Begegnungen geht es bei dem, was um die “blaue Bank” herum im Bilderbuch geschieht, in vielen Variationen: zwischen Alt und Jung, zwischen Groß und Klein, zwischen Frau und Frau, zwischen Frau und Mann, zwischen Damals und Heute, zwischen Abschied und Neuanfang…

Kleine Nebenbemerkung: Nur ganz selten wird in einem Bilderbuch so selbstverständlich wie hier von der Liebe zwischen zwei Frauen als eine von vielen Möglichkeiten der Begegnung erzählt, ohne dass das als eine gewollte Botschaft irgendwie besonders betont wird. Es geschieht einfach – so natürlich, wie so vieles im Leben mit Ruhe und Aufmerksamkeit füreinander einfach geschehen kann.

Wahrnehmungen und Veränderungen brauchen Zeit

In der Einführung zu diesem Bilderbuch des kleinen feinen Abac-Verlages heißt es: “Diese Geschichte hat als grundlegendes Thema die Zeit. Nur wenn wir ab und zu innehalten und mit Ruhe nachdenken, so der Autor, können wir mit der uns verbleibenden Zeit besser umgehen. Und genau das ist es, was er mit diesem Buch erreichen möchte: dem Leser eine kleine Pause mit Zeit für Details ermöglichen. Diese verstecken sich nämlich auf jeder Seite des Buches und erzählen uns von den Dingen, die unser Leben ausmachen: den Begegnungen, Blicken, Geheimnissen, Verlusten, Küssen und einander treffenden Seelen.”

Auch von der Zerbrechlichkeit wird erzählt. Es gibt Trennungen, die sich niemand wünscht. Aber es gibt auch Neuanfänge, die niemand plant. Die Bank braucht Pflege und Zuwendung, wenn die Spuren der Zeit ihre Leuchtkraft matt werden lassen. Zum Glück ist da jemand, der ihre alte Schönheit immer wieder neu hervorzulocken weiß. Und bei den Menschen ist das nicht anders!

Ein Buch für Kinder? Aber ja, denn es erzählt von der Kunst der genauen Wahrnehmung, wie sie schon beim Beobachten eines kleinen Käfers erfahrbar wird.

Eine Schlussbemerkung im Anschluss an die Geschichte verdeutlicht diese Verbindung zur Naturbeobachtung mit überall umsetzbaren Praxis-Tipps.

Zum Ausprobieren – auf der Bank vor deiner Tür

Daran lässt sich weiter anknüpfen. Vielleicht so:

Probier es einfach mal aus! Mitten im Alltag: Such dir eine Bank in deiner Umgebung – allein, zu zweit, mit mehreren in einem Park und doch jeweils für sich. Nimm Platz. Lausche. Warte. Schau hin. Hast du etwas zum Schreiben oder Malen dabei? Ein Heft? Ein Bleistift? Ein Handy mit Notiz- , Foto- oder Diktierfunktion? Vielleicht kommt dir ein Gedanke in den Sinn, den du notieren möchtest? Vielleicht fotografierst oder zeichnest du gern eine besondere Wolkenform am Himmel über dir? Vielleicht entdeckst du ein Eichhörnchen?

Wir wissen nicht, was auf oder um die Bank herum passiert, bevor wir uns hinsetzen und offen werden für das, was geschehen kann…und was vielleicht zum Anfang für eine Veränderung wird.

Ein Buch für Erwachsene? Aber ja, denn für die hier poetisch und künstlerisch so fein aufgenommenen Lebensthemen wird jeder in jedem Alter eine ganz eigene Lesart finden.

Ein rundum inspririerendes Buch von Albert Asensio,  einem jungen spanischen Illustrator, den man sich merken sollte!

Susanne Brandt

Zum Weiterlesen:

Das Bilderbuch gehört zu einer Auswahl von Titeln für Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit. Weitere Titel und ein Handzettel von RENN Nord dazu gibt es hier: http://www.bz-sh-medienvermittlung.de/idee-fuer-aktionstage-akzeptanz-fuer-vielfalt-von-klein-auf/