Als wir in der Corona-Zeit damit begonnen haben, die Welt draußen außerhalb der Bibliothek stärker und bewusster wahrzunehmen und dabei zugleich die Frage nach medialer Vermittlung, Präsentation und Inspiration durch Sprache und Bilder ganz anders zu stellen, haben wir für unsere ersten Ideen zwei Projekttitel geprägt:

„Vor der Haustür die Welt“ und „Erzählwege“.

Aus der ersten Idee entwickelte sich die zweite. Und von Anfang an zeigte sich: Nach draußen gehen meint eben auch, eine große Weite und Freiheit zu erleben, die immer das Potential der Weiterentwicklung in sich trägt. So auch bei den Erzählwegen, die zunächst als gemeinsam gestaltete Pfade aus Bildern und Texten mit festen oder beweglichen Stationen zum Entdecken im Freien (oder manchmal auch in großen öffentlichen Räumen) einladen.

Viele Wege führen ins Freie – und können „Erzählwege“ werden

Mit der Zeit stellte sich dabei die Frage: Geht es auch noch anders? Eigentlich kann doch jeder Weg im Freien in gewisser Weise zum „Erzählweg“ werden, wenn wir die Wahrnehmung draußen für das schulen, was am Wegrand oft ganz überraschend in den Blick kommt und zu ebenso überraschenden Geschichten, Erkenntnissen und Ausdrucksformen inspiriert. Die Idee für „Wildwuchsgeschichten“ wurde bald darauf geboren. Und mit dem Ansatz von Nature Journaling ergibt sich eine weitere mediale Gestaltungsweise, die das Bewegliche beim Entdecken und Forschen im Freien aufnimmt und auf eine besonders intensive Weise bewahren hilft.

Die Wege bleiben also verschieden, orientieren sich jedoch – bezogen auf die Bibliothekspraxis – an ähnlichen Anliegen:

  • – Naturverbindung und Weltbeziehung im Alltag vertiefen
  • – Storytelling praktizieren
  • – sprachliche Kreativität entfalten
  • – mit genauer Betrachtung Wissen erweitern
  • – Beweglichkeit beim Entdecken und Gestalten anregen
  • – sich als Teil einer Gemeinschaft erfahren

Bibliotheken als Impulsgeberinnen für lebenslanges Lernen, Wahrnehmen und Kommunizieren

Mit eben diesen Anliegen bergen die verschiedenen Wege eine Menge Möglichkeiten und Inspirationen – sofern Bibliotheken ihre Aufgabe darin sehen, Impulse für lebenslanges Lernen, Wahrnehmen und Kommunizieren durch mediale und methodische Vielfalt zu geben.

Dabei geschieht das Schreiben (poetisch oder naturkundlich), das Zeichnen, Dokumentieren und Gestalten immer als Prozess der Annäherung und Erweiterung von Kompetenzen und Wissen – ohne Leistungsdruck: Angefangen mit dem ersten staunenden „Was sehe ich?“ führen die Wege nach und nach in eine lebendige Erschließung hinein, beginnen also nicht mit dem Buch, aber greifen vielleicht irgendwann auf Medien zurück, die das Entdecken und Beschreiben sinnvoll ergänzen können.

Und last but not least: Mehr Aufmerksamkeit zu entwickeln für die Zusammenhänge in Natur und Mitwelt meint auch, sich die Einflüsse der Menschen – vor Ort wie global – wie auch die persönliche Mitverantwortung bewusst zu machen und zu überlegen, was das konkret für Ernährung, Ressourcenschutz, Mobilität und Gartengestaltung wie für die eigenen politische Einflussmöglichkeiten bedeuten kann.

Am Anfang der Umsetzungsphase für “Erzählwege” 2021 wurde versprochen, offen zu bleiben für Fortsetzungen in alle Richtungen. Erste Schritte konnten seither durch „Erzählwege“ in verschiedenen Kooperationen und Varianten ins Laufen gebracht werden. Wie es damit gemeinsam weitergeht? Am besten beweglich – denn dazu sind Wege da.

Buch-Tipp:

Hillgärtner, Verena: Nature Journaling. Kosmos-Verlag, 2023

Foxon, Ali: Setz dich unter einen Baum und zeichne. Das Greensketching-Buch, Knaur Verl., 2022

Ins Freie gehen auf vielen Wegen – Anfänge, Entwicklungen, Variationen